Angeregt durch die Instagram Challenge #nichtohneNebenfiguren von @alexandra_haber, @bess_ashdown_autorin und @luna9.2mcmullen habe ich mal meine Gedanken zu den oft unterschätzten Figuren in Geschichten und Rollenspielen zusammengefasst: den Nebenfiguren.
Sinn und Zweck der Nebenfiguren
Als Spielleitung im Rollenspiel übernehme ich die Welt und die Nebenfiguren, während die Protagonisten von anderen gespielt (geschrieben oder gesprochen) werden.
Die Antagonisten, die Monster, die Damsel in Distress. Ohne die hätten die Protagonisten schlicht nichts zu tun. Die Familie, Freunde, Ausbilder. Ohne die hätten die Protagonisten keinen Hintergrund. Oder nur einen sehr abstrakten, der mal irgendwann geschrieben oder erwähnt wurde, dann aber nie wieder Erwähnung findet.
Zu jedem Protagonisten (im Rollenspiel) gibt es eine (kleine oder längere) Liste an wichtigen Nebenfiguren. Und die kann und darf er*sie auch gerne wieder treffen. Den Jugendfreund heiraten, die Familie aus dem Dorf retten, das vom Feind bedroht wird, das Dorf danach wieder mit aufbauen, Hilfe bekommen durch die Personen, denen man früher mal geholfen hat.
Und auch die gegnerischen Figuren haben einfach einen Tick Background und agieren eben so wie es für sie Sinn macht. Die in den Kriegsdienst gepressten Bauern, die eben auch Angst haben, und vielleicht die Protagonisten als ihren Weg raus aus der Misere sehen. Manchmal kommt es auch vor, dass eine Nebenfigur später eine große Rolle bekommt, einfach weil es so gut passt, obwohl das am Anfang gar nicht so geplant war.
Als Leitung in meinen Schreibwelten übernehme ich eine ähnliche Rolle wie die Spielleitung im Rollenspiel. Ich schreibe ein Intro, beschreibe das initiale Setting und führe die ein oder andere Nebenfigur ein. Was die Mitschreiber dann damit machen, ist ihre Sache. Es sei denn es wird gewünscht dass ich eine Figur weiter schreibe, dann mache ich auch das. Droht eine Geschichte stecken zu bleiben, stupse ich mit einem kleinen Input die Story wieder an.
Viele oder wenige Nebenfiguren?
Ich bin Team viele Nebenfiguren. Dabei sind mitnichten alle wichtig, ich nutze sie meist als „Muse Bombs“ weil ich bei meinen Mitschreibern (und den Rollenspielern) nie ganz genau weiß worauf sie gerade anspringen. Für einen Roman nichtg anz so günstig, wenn eine zufällige Begegnung eine Wolpertingerjagd auslöst, die so gar nix mit dem eigentlich geplanten Plot zu tun hat…
Ich liebe es, Nebenfiguren mit einer winzigen Menge an Hintergrund
auszustatten: der Wirt, der mit dem Essen geizt (weil fast pleite), der
Wächter am Tor der ein bisschen hinkt (weil er sich in einer Keilerei
mit einem Bösewicht das Bein verletzt hat) … Ja, das heißt auch dass
ich vermehrt Nebenfiguren rausgreife, die irgendeinen Ansatzpunkt haben, der sie ein wenig hervorstechen lässt.
Und wenn ich feststelle, dass ich wieder in Stadt xy bin und Person Z brauche dann… oh, eine passende Person wurde ja vor 2 Jahren mal eingeführt, nehme ich doch die.
Wann hat die erste Nebenfigur ihren Auftritt?
Weil das aktuelle
Projekt schon länger läuft und ein weiteres noch nicht weit genug ist,
um überhaupt eine Aussage über eine Handlung zu treffen musste ich erstmal nachschlagen.
Beim aktuellen wirklich langen Projekt (also, lang an Worten) tauchte die erste Nebenperson erst nach ziemlich langer Zeit auf, in
Seiten so ca nach 200. Bis dahin haben sich die beiden Hauptpersonen
ganz gut so beschäftigen können. Dazu sei allerdings gesagt, dass das
Projekt von 2 Personen geschrieben wird, die jeweils eine Hauptperson
haben. Mittlerweile gibt es übrigens eine ganze Reihe an Nebenfiguren.
Grund für das späte Auftauchen der ersten Nebenfigur war, dass die Hauptfiguren sich in einem Traum befanden. Dort liefen schlicht keine anderen Träumer herum
Aussehen einer Nebenfigur
Hier am Beispiel einer Figur im Rollenspiel, die „nebenbei“ eingeführt wurde für eine Hintergrundsequenz, von der schon ein bisschen etwas „im Off“ gelaufen war.
Gideon ist ein eher kleiner und dünner Mann mit wettergegerbter Haut und einer Haarfarbe irgendwo zwischen blond und grau. Sein Alter ist schwer zu schätzen, aber die Falten um seine Augen zeigen, dass er nicht mehr so jung sein kann – und dass er gerne und viel lacht. Er erzählt oft Geschichten von Ereignissen, die er angeblich erlebt hat. Meistens wahrscheinlich stark übertrieben, aber trotzdem lustig.
Okay, das kann ich auch besser, aber Gideon war jetzt die erste Figur, die mir grad in die Finger kam. Wer ihn erleben will, der kann gerne eine Tour nach Golarion unternehmen und eine Strecke mit ihm reisen.
Habe ich eine Nebenfigur schon mal komplett gestrichen
Ja, auch im Rollenspiel. Wobei das eher vollkommen fehlgeschlagene Protagonisten waren wo es einfach absolut nicht passte. Da wurde dann im Konsens entschieden: diese Begegnung hat nie stattgefunden. Alles andere wäre viel zu viel Aufwand gewesen: sich einen Grund auszudenken wieso die Person jetzt doch nicht mehr mit der Gruppe reisen will, ggf. einen Streit ausspielen oder gar einen Kampf. Nein. „War nie da“ ist da das beste was man machen kann, in meiner Erfahrung. Wobei das für erste Interaktionen gilt. Sprich: ich sortiere schon am ersten Abend.
Fehlgeschlagene Nebenfiguren dürfen auch mal über die Klinge springen.
Sollte aus einer dieser Geschichten jedoch jemals ein Roman werden, dann denke ich werde ich auch Nebenfiguren streichen. Es gibt da einige, die wirklich keinen Beitrag zu Geschichte oder Hintergrund der Protagonisten lieferten oder deren Rolle man mit einer anderen zusammenfassen kann.